SIe haben eine private Krankenversicherung die Sie vor 2009 abgeschlossen haben und nun eine höhere Beitragsanpassung erhalten. Bitte wechseln Sie nicht vorschnell in einen „neuen“ Tarif. Wenn eine vermeindliche „günstigere“ Tür aufgeht, gehen andere zu.
Jeder Fall muss daher individuell geprüft werden. Gerne helfen wir Ihnen.
Kalkulation bei privaten Krankenversicherungen
1.Die Private Krankenversicherung arbeitet mit Äquivalenzprinzip + Altersrückstellungen.
Ein Versicherungsbeitrag wird so kalkuliert, dass er über die gesamte Lebenszeit durchschnittlich die erwarteten Kosten deckt.
Wenn aber die zu erwartenden Kosten höher werden, muss nachkalkuliert werden. Schließlich kann niemand wissen, wohin die Kosten in einem inflationären Wirtschaftssystem gehen.
Wären die Behandlung- und Arzneikosten nicht höher, wären auch die Steigerungen geringer. Deshalb sind die Beiträge am Anfang höher als die tatsächlichen Kosten – die „Überschüsse“ werden angespart.
Diese Überschüsse heißen Altersrückstellungen (AR). Sie dienen dazu, später im Alter die höheren Kosten zu finanzieren. Damit verhindert die PKV, dass Tarife im Alter „explodieren“, weil man „immer kränker und älter“ wird.
Das bedeutet: Ein PKV-Tarif ist nicht darauf angewiesen, dass junge Leute nachkommen. Der Tarif ist selbstfinanzierend.
2. Was passiert, wenn ein Tarif geschlossen wird?
Ein Tarif wird „geschlossen“, wenn er nicht mehr für Neukunden angeboten wird – etwa, weil die Bedingungen modernisiert, den neuen medizinischen Behandlungsmethoden angepasst wurde.
Wichtig:
- Die Altersrückstellungen bleiben voll erhalten.
- Die Versicherten finanzieren weiterhin sich selbst.
- Es findet keine Querfinanzierung durch junge Neukunden statt — aber das ist auch nicht nötig.
Also: Kein „demografisches Verbluten“ des Tarifs.
Wenn Beiträge steigen, liegt das nicht generell daran, dass Menschen älter werden (denn dafür gibt es AR), sondern an anderen Faktoren:
Hauptgründe für Beitragserhöhungen:
A.
Medizinischer Fortschritt
Neue, teurere Medikamente, OP-Methoden, Diagnostik etc.
B.
Kostensteigerungen im Gesundheitssystem
Z. B. Honorarsteigerungen für Ärzte (GOÄ), höhere Krankenhauspreise.
C.
Sinkende Kapitalmarktzinsen
Altersrückstellungen werden verzinst angelegt. Wenn Renditen sinken, braucht der Versicherer höhere Beiträge.
D.
Neue versicherungsmathematische Annahmen
Wenn z. B. Lebenserwartung steigt → längere Leistungsdauer → Anpassung erforderlich.
Die reine „Alterung“ der Gruppe führt NICHT zu Beitragserhöhungen, weil sie bereits in den Rückstellungen eingerechnet ist.
4. Kann ein geschlossener Tarif trotzdem überdurchschnittlich steigen?
Ja, kann, aber nicht wegen „fehlender junger Leute“.
Die Gründe:
A:Kleine Kollektive → stärkere Schwankungen
Wenn ein Tarif nur noch wenige Versicherte hat, können einzelne teure Krankheitsfälle das Kollektiv stärker beeinflussen.
Es kann aber auch passieren, dass sich diese Tarife durch das Sterben älterer „gesunden“ und besser als neue sind.
B: Keine Optimierung durch Tarifpflege
Offene Tarife werden oft moderner gestaltet (z. B. durch neue Selbstbehalte oder Leistungssteuerung).
Das bedeutet nicht, dass diese beitragsstabiler sind. Das hat sich bereits gezeigt.
Geschlossene Tarife profitieren davon nicht.
Zwar ist die Alterung eingeplant, aber:
- Ältere Versicherte verursachen real häufiger Kostensteigerungen, die stärker wirken, wenn es weniger Versicherte gibt.
- AR decken die „normal erwartete“ Kostensteigerung ab – aber unvorhergesehene Trends (z. B. teurere Therapien) wirken bei älteren Kollektiven tendenziell stärker.
Trotzdem gilt:
Nicht „fehlende junge Leute“ verursachen die Steigerung, sondern Kostenentwicklungen, die die ursprüngliche Kalkulation überholen.
5.Fazit
PKV-Tarife werden auf Lebenszeit kalkuliert (Äquivalenzprinzip).
Altersrückstellungen gleichen die normale Alterung vollständig aus.
Ein geschlossener Tarif wird nicht automatisch teurer, weil die Versicherten älter werden.
Beitragserhöhungen entstehen durch externe Faktoren: medizinische Inflation, Zinsen, neue Kostenannahmen.
Geschlossene Tarife können stärker steigen – aber wegen struktureller und statistischer Effekte, nicht wegen „fehlender junger Neukunden“.
SUPERWICHTIG!!!!!!
Nur wer in einem Bisex-Tarif versichert ist, kann später im Alter bei finanziellen Engpässen in einen Standard-Tarif wechseln.
Wer in einem Unisex-Tarif versichert ist, kann NICHT in den Standardtarif wechseln, sondern ausschließlich in den Basistarif.
- Standardtarif – nur für Altverträge (Bisextarife)
Der Standardtarif wurde 1994 eingeführt und ist:
- ausschließlich für Personen, die vor 2009 einen Bisex-Vertrag abgeschlossen haben
- und mindestens 65 Jahre alt sind (oder andere Voraussetzungen erfüllen)
Er ist gesetzlich nur für Verträge zugänglich, die vor Einführung der Unisex-Tarife (also vor 2009) abgeschlossen wurden.
Damit ist es rechtlich ausgeschlossen, aus einem Unisex-Tarif (ab 2009) in den Standardtarif zu wechseln.
- Basistarif – für alle PKV-Versicherten offen
Der Basistarif wurde 2009 eingeführt, zusammen mit der Unisex-Welt.
Er ist:
- für alle PKV-Versicherten zugänglich
- unabhängig von Alter, Geschlecht oder Tarifgeneration
- auch für Unisex-Kunden offen
Deshalb ist der Basistarif der einzige gesetzlich garantierte Sozialtarif für Unisex-Versicherte.
- Übersicht: Wer kann wohin wechseln?
Tarifgeneration | Wechsel in Standardtarif | Wechsel in Basistarif |
Bisex (vor 2009) | ✔ möglich | ✔ möglich |
Unisex (ab 2009) | ❌ nicht möglich | ✔ möglich |
- Warum der Standardtarif nicht für Unisex offen ist
Grund: Der Standardtarif wurde für die alten Bisex-Kollektive geschaffen.
Die Kalkulation basiert auf:
- Geschlechtertarifen (Mann/Frau getrennt)
- den alten Bisex-Beiträgen
- alten gesetzlichen Vorgaben
Die Unisex-Kollektive sind versicherungsmathematisch komplett anders kalkuliert, deshalb wäre ein Mischen beider Welten nicht zulässig.
- Standardtarif
(nur für Altverträge vor 2009!)
✔ Wer darf rein?
- Nur Personen mit Bisextarif, abgeschlossen vor 1.1.2009
- ab 65 Jahren, oder
- ab 55 Jahren, wenn Einkommen unter JAEG/Grundsicherung liegt
Unisex-Versicherte dürfen NICHT hinein.
✔ Leistungen
- An der GKV orientiert, ähnlich wie GKV-Niveau
- Ambulant, stationär, Zahn – aber nach PKV-Mechanik
- Keine Chefarzt/Einbettzimmer
- Geringere Erstattung für Zahnbehandlungen
- Keine modernen High-End-Leistungen
✔ Beitrag
- Maximal der durchschnittliche GKV-Höchstbeitrag (ca. 800–900 € inkl. Pflege)
- Bei Ehepartnern zusammen Maximalbeitrag halbe/volle Höhe
- Oft deutlich günstiger als Basistarif
✔ Für wen gedacht?
- Senioren mit alten PKV-Verträgen, die finanziell entlastet werden sollen.
- Basistarif
(für alle PKV-Versicherten, auch Unisex)
✔ Wer darf rein?
- Jeder PKV-Versicherte, egal wann Vertrag abgeschlossen wurde
- Keine Risikozuschläge, keine Ablehnung möglich
- Leistungsniveau entspricht gesetzlich exakt der GKV
✔ Leistungen
- GKV-Niveau 1:1
- Ärzte müssen Basistarifpatienten wie GKV behandeln
- GOÄ-Beschränkung auf GKV-entsprechende Sätze
- Kein Chefarzt, kein Einbettzimmer
- Zahn: GKV-Niveau → meist geringe Erstattung
✔ Beitrag
- Begrenzt auf GKV-Höchstbeitrag (aktuell ca. 800–900 € inkl. Pflege)
- Hartz IV/Grundsicherung → Beitrag halbiert
- Bei Bedürftigkeit: Sozialamt kann voll übernehmen
✔ Für wen gedacht?
- Menschen, die ihre PKV dauerhaft nicht mehr bezahlen können
- Personen ohne Anspruch auf GKV
- Notlagentarif
(„Zwangstarif“ für Beitragsrückstände)
✔ Wer kommt rein?
- Alle PKV-Versicherten, die mit Beiträgen >2 Monate im Rückstand sind
- Automatische Einstufung → kein Antrag nötig
- Rückkehr möglich nach Begleichung der Rückstände
✔ Leistungen
Extrem stark eingeschränkt:
- Nur Notfallbehandlungen
- Akute Schmerzzustände
- Schwangerschaft & Mutterschutz
- Kinderuntersuchungen & Impfungen
- KEINE normale ambulante/stationäre Behandlung
- KEINE Zahnersatz- oder normale Zahnleistungen
Der Tarif ist nicht als Dauerlösung gedacht.
✔ Beitrag
- Sehr niedrig (typisch ca. 100–200 €)
- Keine Altersrückstellungen werden gebildet
- Rückstände müssen später trotzdem bezahlt werden
✔ Für wen gedacht?
- Säumnistarif, um Grundversorgung sicherzustellen und Beitragsschulden zu begrenzen.
Merkmal | Standardtarif | Basistarif | Notlagentarif |
Zugänglich für | Nur Bisex (vor 2009) | Alle PKV | Beitrags-Schuldner |
Leistungsniveau | GKV-ähnlich | GKV identisch | Nur Notfälle |
Arztwahl | Einschränkungen | wie GKV | sehr eingeschränkt |
Zahnleistungen | reduziert | GKV-Niveau | nur Notfälle |
Beitrag | ≤ GKV-Höchstbeitrag (oft niedriger) | = GKV-Höchstbeitrag | sehr gering |
Wechsel freiwillig | Ja | Ja | Nein (automatisch) |
Rückkehr in Normaltarif | Ja | Ja | Ja (nach Zahlung) |
Altersrückstellungen | werden genutzt | werden genutzt | werden NICHT gebildet |